Lesesonntag: Mit mehr Frauen im Beruf und in Führungsetagen könne die Arbeitswelt „irgendwann farbiger und schöner werden“ – sagte einmal der frühere Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Josef Ackermann. Nicht als Kollegin, nicht als Konkurrentin, schon gar nicht als Chefin will Ackermann Frauen sehen. Ist er mit dieser Haltung einfach gestrig oder spricht er nur aus, was viele Männer noch immer darüber denken? Und wenn ja, was können Personalverantwortliche und die Frauen selbst dagegen tun? Am Donnerstag, 16. Oktober, geht Bascha Mika, Publizistin und Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, diesen Fragen in einem Keynote-Vortrag auf der Messe Zukunft Personal nach.
Der Frauenanteil in Vorstandsposten von DAX-30-Unternehmen schrumpft. Gerade noch zehn Frauen sind derzeit im Amt – bei insgesamt 183 Vorstandsmitgliedern. Zu dieser Entwicklung haben vor allem die Abtritte von Frauen im Personalvorstand beigetragen – darunter Marion Schick (Deutsche Telekom), Angela Titzrath (Deutsche Post) und Elke Strathmann (Continental).
„Die Strukturen sind auf Vorstandsebene nach wie vor so, dass es selbst für hochqualifizierte Frauen extrem schwer ist, sich zu behaupten“, ist die Publizistin Bascha Mika überzeugt. Als Vorstandsmitglieder sähen Frauen sich mit männlicher Dominanz konfrontiert – mit Kommunikationsverhalten, Ritualen und Übereinkünften, die nicht die ihren seien. Einzelne Frauen könnten in solchen Männerriegen selten etwas ausrichten und eigene Duftmarken setzen.
Männliche Monokulturen wiegen stärker als wirtschaftlicher Erfolg
Deshalb befürwortet die ehemalige Chefredakteurin der taz die Frauenquote in Aufsichtsräten: „Es braucht eine gewisse kritische Masse, eine bestimmte prozentuale Anzahl von Personen in einer Gruppe, um die Kultur ansatzweise zu verändern.“ Unternehmen vermittelten oft den Eindruck, sie seien ausschließlich ihrem wirtschaftlichen Erfolg verpflichtet. Aber in Wirklichkeit drängten die männlich geprägten Kulturen ökonomische Ziele in den Hintergrund. Denn es sei längst bekannt, dass gemischte Teams viel besser arbeiteten als „Monokulturen“. „Das zeugt von einem Beharrungsvermögen wider besseres Wissen. Dafür gefährden Unternehmen sogar ihren wirtschaftlichen Erfolg!“ Da es die Männer seit Jahrzehnten versäumten, Frauen angemessen zu fördern, sei die Quote ein Symbol mit Signalcharakter. Dahinter stehe die Aussage: „Ihr Frauen seid auf allen Ebenen gewollt“.
Frauen, Ihr braucht einen Beruf!
Die Forderung einer Quote bedeute jedoch nicht, dass Frauen nicht auch ihre Mentalität ändern sollten. „Sie müssen ein anderes Verhältnis zum Beruf entwickeln, sich mehr zutrauen, sich ihrer Qualifikationen und Fähigkeiten bewusst sein und durchaus bereit sein, dafür einiges zu riskieren“, betont die Journalistin Mika. Denn der Beruf bringe Frauen viele Vorteile: Kontakte, Bestätigung, draußen sein in der Welt und ökonomische Unabhängigkeit. Den Frauen, die Karriere machen möchten, sei dies zwar bewusst. Doch sie scheiterten dennoch oftmals an den Strukturen oder bezahlten mit ihrem Privatleben – „auf eine Art und Weise, wie es von keinem Mann verlangt wird. Denn viele Frauen verzichten dann auf Familie“.
Wenn Frauen in die Jahre kommen
Bei älteren Frauen würden diese Ungerechtigkeiten besonders deutlich. „Da setzt die Altersdiskriminierung im Beruf nicht nur früher, sondern sehr viel schärfer ein.“ Wenn Frauen Ende 40, Anfang 50 seien, hätten sie kaum noch Möglichkeiten beruflich weiterzukommen. „Dass ich mit 60 noch einmal in einen Führungsjob neu eingestiegen bin, kommt ansonsten so gut wie nie vor“, so die Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau. Doch Männern würden sogar Mitte 70 noch hochdotierte und höchstverantwortliche Managementjobs angeboten. „Die allermeisten Männer in den Aufsichtsräten der deutschen Unternehmen haben das Rentenalter längst überschritten.“
Persönliches und Politisches zusammen denken
Für mehr Chancengleichheit von Männern und Frauen im Beruf komme es letztlich darauf an, das Private, die persönlichen Möglichkeiten der Frauen, mit dem Politischen und den Unternehmensstrukturen zusammen zu betrachten. „Wir brauchen gesellschaftliche Veränderungen, aber auch die Einsicht, dass wir uns selbst am Schopf packen und die Chancen nutzen müssen. Das kann man nicht auseinanderdividieren.“
(Quelle: Zukunft Personal)
Keynote-Vortrag von Bascha Mika
Männer, Machos, Machtrituale. Können Frauen die Arbeitswelt verändern?
Powered by: Bertelsmann Referentenagentur
Messe Zukunft Personal 2014,
Donnerstag, 16. Oktober, 14.30 bis 15.30 Uhr, anschließend Public Interview,
koelnmesse, Halle 2.1, Forum 1 (Keynote-Forum)
Über Bascha Mika (r.): Bascha Mika wurde 1954 in einem schlesischen Dorf in Polen geboren und übersiedelte als Kind in die Bundesrepublik. Nach einer Banklehre studierte sie Germanistik, Philosophie und Ethnologie. Sie arbeitete als Redakteurin und Journalistin und veröffentlichte 1998 eine kritische Alice-Schwarzer-Biografie, die für großes Aufsehen sorgte. Von 1999 bis 2009 war sie Chefredakteurin der taz. Heute ist sie Honorarprofessorin an der Universität der Künste (Berlin), freie Publizistin und seit April 2014 Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau.
Weitere Informationen:
www.zukunft-personal.de
Titelbild: Keynote-Sprecherin Bascha Mika über männliche Monokulturen in der Arbeitswelt