Die Kunsthistorikerin und Historikerin Gabriele Katz hat über Margarete Steiff eine Biografie geschrieben, einfühlsam und doch mit der notwendigen Distanz zur porträtierten Person. Von Seite zu Seite bewundern wir die aufgrund einer Kinderlähmung zeitlebens an den Rollstuhl gefesselten Frau mehr. Schon als kleines Mädchen wusste sie sich willensstark durchzusetzen, soweit es damals in der ärmlichen Welt am Rande der Schwäbischen Alb möglich war.
Ein Leben mit Kirche/Kinder/Küche – zur damaligen Zeit das Ideal für fügsame Weibspersonen – kam für die 1847 geborene Margarete Steiff als Behinderte nach Meinung ihrer Zeitgenossen nicht in Frage. Aber es entsprach wohl auch nicht ihrem Charakter. Sie begann ihre Karriere als Lohnnäherin, eine Arbeit, die ihr doppelt schmerzhaft war, weil ihre verkrüppelte rechte Hand das Nähen häufig zur Qual machte. Doch solche Hürden hielten „das Gretle“ nicht auf. Sie konnte „Stroh zu Gold spinnen“. Sie war eine Unternehmerin, von der sich heute so manche(r) etwas abschauen könnte in punkto wirtschaftlichem und zugleich sozialem Handeln, Durchsetzungsvermögen, Kreativität – Vision!
Von Anfang an schuf sie Arbeitsplätze für Frauen, spielte aber keineswegs die Chefin, sondern arbeitete bis zu ihrem Tode 1909 fast täglich in der Werkstatt. Sie war mit ihren Mitarbeiterinnen und mit ihrer Familie aufs engste verbunden, war im besten Sinne Mittelpunkt.
Ihre Idee, hochwertiges, so richtig „knuddeltaugliches“, weiches und strapazierfähiges Spielzeug herzustellen, gefiel auf Anhieb. Sie konnte sich aus der Erfahrung ihrer eigenen Kindheit gut in Kinderseelen einfühlen und nahm das Bedürfnis von Kindern nach Nähe und Wärme ernst.
Das erste Steiff-Modell war das berühmte „Elefäntle“. Als dann der heute noch heiß geliebte Steiff-Teddy, dem ihr Neffe Richard den letzten Schliff gab, war der weltweite Siegeszug der Spieltiere und Puppen nicht mehr aufzuhalten. (Wie ihr wohl Karl Lagerfeld in der Steiff-Version gefallen hätte?).
Auch was Architektur betrifft, war Margarete Steiff eine echte Powerfrau. Das Produktionsgebäude aus Glas und Stahl von 1903 reiht sich in die damalige Avantgarde des Bauens ein.
brikada-Bewertung: Steifftiere, ob geerbt, aus der eigenen Kindheit bewahrt oder gerade erst ins Kinderzimmer eingezogen, betrachten wir ab sofort mit anderen bewundernden Augen. Margarete Steiff, eine tolle Power-Frau. Unbedingt lesen!
Doris Losch
Leserbewertung:
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Gabriele Katz: „Margarete Steiff. Die Biografie“, Sachbuch, gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 25 Abbildungen, 24.90 Euro, ISBN 978 3 940 731630, erschienen im Osburg-Verlag, Berlin.