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Münchner Kammerspiele: Antiken-Marathon eröffnet Spielzeit 2018/19

10.05.2018

München. - Der 2020 scheidende Intendant der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal gab zu, dass „wir mit manchen Projekten so richtig schön auf die Nase fliegen können“, war dann doch zu Recht guter Dinge bei der Präsentation des Spielplans der Saison 2018/2019.

Hausregisseur Christopher Rüping eröffnet mit einer zehnstündigen Aufführung von drei Tragödien und einer Komödie (ein solcher Mix war im alten Griechenland sehr beliebt): Dionysius Stadt. Dionysien waren vor 2500 Jahren alljährlich eine einwöchige Theater-Sause in Athen. Zuschauer der Kammerspiele können eine Annäherung an die Formen und Figuren proben, von Prometheus bis Philoktetes, Antigone bis Kassandra, Elektra bis Ödipus (Premiere am 6. Oktober). Es agieren insgesamt acht Schauspieler*innen.

Top-Aktuell ist „Uncanny Valley/Unheimliches Tal“ von Stefan Kaegi, der einen Roboter auf die Bühne stellt. Zu diesem Zwecke wurde von Autor Thomas Melle ein Ganzkörperabdruck genommen, weshalb der Robo ausschaut wie Melle - oder ist es etwa umgekehrt? Thema sind die Auswirkungen künstlicher Intelligenz.

Die Regisseurin Susanne Kennedy inszeniert Tschechows „Drei Schwestern“ und stellt die Frage, warum wir das Bedürfnis verspürten, immer wieder anzuschauen, wie die Schwestern nach Moskau wollen, aber nie dorthin gelangen und wie Hamlet immer wieder seine Frage nach dem „Sein oder nicht sein“ aufwerfe. Alles münde in „Was macht den Menschen aus?“ In Think-Tanks wie in Silicon Valley werde ja diskutiert, ob der Mensch nicht schon längst zum Avatar mutiert und die künstliche Intelligenz (KI) Regie führt, ohne dass wir es bemerkten.

Für den Frühling 2019 planen die Kammerspiele das Festival „Homo Deus“. Fünf Tage lang stehen Chancen und Gefahren künstlicher Intelligenz im Mittelpunkt: Kann die Menschheit die Kontrolle über die von ihr selbst geschaffene Technologie behalten?

Insgesamt umfasst der Spielplan 13 Produktionen, darunter sieben Uraufführungen. In chronologischer Reihenfolge: Dionysos Stadt, Morning in Byzantium, Uncanny Valley, Genesis (Inszenierung Yael Ronen, eine der aufregendsten Theatermacher*innen Israels), Macbeth, Kommt runter vom Balkon, sonst holt euch der Vietcong, Yung Faust (Inszenierung von Leonie Böhm), Der Erfolg, Das Leben des Vernon Subutex, Farm Fatale, Drei Schwestern, Hochdeutschland, Melancholia.

Als neue Ensemble-Mitglieder*innen wurden Gro Swantje Kohlhof, Eva Löbau und Vincent Redetzki gewonnen.

Fragen zu den Gründen seines Kammerspiel-Abschieds beantwortete Matthias Lilienthal bei der Vorstellung des Spielplans übrigens nicht. Es handele sich um seine Privatsache.

In Eigenregie d. Verfasser*in: Summa cum laude für politische Korrektheit! Besser geht es nicht. In den Informationen zur neuen Spielzeit finden wir einerseits die „Studierenden“ (obwohl studierend eigentlich nur diejenigen sind, die sich im Moment dem Studium widmen, trinken sie aber Kaffee oder besaufen sich in München am Monopteros, sind es Student*innen) und andererseits den wertvollen Hinweis: „Sämtliche personenbezogenen Bezeichnungen, die in dieser Publikation im Maskulin verwendet werden, sind geschlechtsneutral zu verstehen“. Unter „geschlechtsneutral“ kann sie/er/es sich mit etwas Phantasie so allerlei vorstellen. O my God*dess! Autorin: Doris Losch

Weitere Informationen: www.muenchner-kammerspiele.de

Titelbild (v.l.): Matthias Lilienthal, Christopher Rüping, Susanne Kennedy, Trajal Harrell, Katrin Dod. Foto: ©Judith Buss