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Landesmuseum Mainz: Slevogts prickelndes Champagnerlied

20.02.2014

Mit theatralischer Geste, einen Arm keck über den Kopf geschwungen, den anderen martialisch an den Degenknauf geführt, erteilt er den Auftrag, das große Fest vorzubereiten. „Auf denn zum Feste, froh soll es sein, bis meine Gäste glühen von Wein“, singt er in seiner furiosen Champagnerarie im 1. Akt der Mozartoper Don Giovanni. Ein Fest, an dem er wieder so manche Frau erobern will. Zweifel an seiner Wirkung kennt er nicht. Seine Pose und Präsenz im Raum verraten es, sein Gesichtsausdruck mit den blitzenden Augen besiegelt es. Verführung ist eine Show, und der Betrachter dieses intensiven Bildes ist selbst der Verführte.

Mit seinem „Champagnerlied“ landete der Maler Max Slevogt 1902 den Sensationserfolg bei der Berliner Sezessionsausstellung. Die skizzenhafte Malweise und flirrende Farbigkeit der Darstellung verglichen die Kritiker mit der Manets. Fortan durfte sich Slevogt mit Max Liebermann und Lovis Corinth zum „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“ zählen

Damit ein solch brillantes Bild entstehen kann, braucht es mehr als bloßes künstlerisches Können. Slevogt war von dem Stoff begeistert. Er hatte den portugiesischen Sänger Francisco d' Andrade 1894 in München erlebt, bei dessen erstem Auftritt als Don Giovanni. Der Dirigent des Abends lernte den Bariton erst bei der Aufführung kennen. Seine Tempoangaben beim „Champagnerlied“ ignorierte der Gast schlichtweg: Francisco d'Andrade wurde von Takt zu Takt schneller. Der Dirigent revanchierte sich und legte mit seinem Orchester ein rasendes Spiel hin. Ein Wettlauf, den der Bariton triumphal gewann. Slevogt war begeistert. Der hochmusikalische Maler knüpfte Kontakte zu d'Andrade und es entstand eine enge Freundschaft.

Für das „Champagnerlied“, das Slevogt mit zahlreichen Entwürfen vorbereitete, stand ihm der Opernsänger mehrfach Modell. Der Maler sah in d'Andrade die vollkommene Verkörperung Don Giovannis und dessen Grandezza. Slevogt kam bis zu seinem Tod nicht mehr los von der dramatischen Figur. Ihre dunkle Seite bannte er ein Jahr später in seinem „Schwarzen d'Andrade“.

Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Maler und Sänger hatten sich verdichtet. Als Francisco d'Andrade 1921 unerwartet starb, eilte Slevogt hin, den toten Freund noch einmal zu malen. Er war so erschüttert, dass es ihm nicht gelang. Erst später versuchter er mit der letzten Begegnung am Sarg fertig zu werden in einer Erinnerungsskizze. Es wurde daraus die „Grablegung Don Giovannis“.

Vom 4. Mai bis zum 12. Oktober 2014 zeigt das Landemuseum Mainz in seiner Ausstellung „Wege zum Impressionismus“ wie Slevogt seine fulminanten Werke akribisch vorbereitete.
© by C.A.B.-Artis 02-2014

Weitere Informationen:
www.landesmuseum-mainz.de
 

Titelbild: Max Slevogt "Das Champagnerlied"/Der "Weiße d’Andrade", 1902 Öl auf Leinwand, 215 x 160 cm, Staatsgalerie Stuttgart, Inv. 1123 © Staatsgalerie Stuttgart