Nun, wer sich vorwiegend mit Wandlungsprozessen beschäftigt, weiß, dass Wandel nicht einfach irgendwie geschieht. Wandel folgt ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Wandel besitzt eine innere Dynamik.
Dass wir uns in einem tiefgreifenden, ja epochalen und globalen Wandel befinden, daran dürfte wohl niemand mehr einen Zweifel haben, allenfalls jene, die diese Tatsache nicht wahrhaben wollen. Längst hat es sich auch herumgesprochen, dass wir alle dazu aufgefordert sind, konstruktiv bei der Gestaltung des Neuen mitzuwirken. Veränderung mag ohne uns geschehen, aber wird sie auch in eine Richtung führen, die wir uns wirklich wünschen? Und wer, wenn nicht wir selbst, kann uns herausholen aus dem, was wir auf keinen Fall mehr wollen - weil es uns und dem Leben nicht mehr dient, weil es lebensfeindlich geworden ist, weil es einfach keinen Sinn mehr macht.
2012 - Zusammenbruch
Die meisten erinnern sich noch lebhaft an das magisch heraufbeschworene 2012 - an das esoterische Riesen-Event „Zeitenwende“, assoziiert mit dem Ende des Maya-Kalenders. Der Untergang, wie ihn sich viele vorstellten, blieb aus; Gott sei Dank. Der Zirkus hatte sich bald erschöpft; zum Glück. Eines war aber plötzlich nicht mehr vom Tisch zu wischen: die Tatsache nämlich, dass es nicht mehr so weitergehen kann: dass wir uns verfahren haben; dass unser vermeintlich - ach, so starkes - System im Kollabieren begriffen ist; dass wir mit Lügen abgespeist und nach Strich und Faden manipuliert werden. Dass das Leben an Qualität eingebüßt hat, weil Druck, Stress, Geschwindigkeit, Erwartungen und Anforderungen, Egoismus und Profitgier, Verblendung und Unverantwortlichkeit übermäßig geworden sind. 2012 hat uns auf breiter Ebene vor Augen geführt: Der Tempel der westlichen Zivilisation hat nicht nur Risse bekommen. Die Risse sind so tief, dass sie nicht mehr gekittet werden können. Das Gebäude kracht in sich zusammen - Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Technologie, Konsum, Bildung, Medizin...
2013 – Durchbruch
Doch haben Risse und Löcher auch ihr Gutes. Wo verfestigte, starr gewordene Weltbilder zusammenbrechen, bricht der Mensch durch zur Einsicht in das innere Wesen der Wirklichkeit, zur Erkenntnis universellen Wissens von zeitloser Gültigkeit, zum eigentlich Wesentlichen, zum Sein.
2013 bescherte der Welt die unwiderlegbare Erkenntnis: es gibt eine äußere Wirklichkeit und eine innere Wirklichkeit. Will Leben gelingen, wollen kulturelle Systeme nachhaltig sein, müssen beide Sphären beachtet werden. Keine Seite der Wirklichkeit darf vernachlässigt, keine überbetont und zu dominant werden.
Außen, das bedeutet materielle Wirklichkeit, Unterschiedlichkeit, dingliche Wahrnehmung, Faktenwissen, Objektivität, Individualität, Trennung.
Innen das Gegenteil. Innen finden wir das Unsichtbare, die geistige Wirklichkeit und ihre innere Ordnung, den Urgrund, Einheit/Ganzheit, prozesshafte Wahrnehmung, Orientierungswissen, Subjektivität, Universalität.
Während früher auf Kongressen und Symposien stets ganze Paletten an Alternativ-Möglichkeiten vorgestellt wurden, herrscht heute tiefes Einverständnis darüber, wie das Neue ausschaut: „Unity in Diversity“, „Zurückeroberung der verlorenen Innenräume“, „Begegnung von Wissenschaft und Weisheit“, „Hochzeit von Intuition und Intellekt“. Ebenso einig ist man sich darüber, dass das Neue eigentlich gar nicht so neu ist, sondern es bei diesem Neuen um Einsichten handelt, die der Mensch im Laufe der Geschichte immer wieder gewann. Einsichten, die ihm immer wieder halfen, sich aus Krisen zu befreien und kulturelle Blütezeiten herbeizuführen.
2013, so empfand ich es zumindest, brachte den Durchbruch zu universellem Lebenswissen, das sich bisher hinter den Mauern von unterschiedlichsten Religionen und Weltanschauungen versteckt hielt.
Bildtext (r.): Christina Kessler (58) ist Ethnologin, Philosophin, Soziologin und interkulturelle Mediatorin - seit vielen Jahren spezialisiert auf Wandlungsprozesse und deren innere Dynamik.
Ihre bekanntesten Publikationen: „Amo ergo sum – ich liebe, also bin ich“, „Wilder Geist, wildes Herz – Kompass in stürmischen Zeiten“ , „33 Herzensqualitäten – Die Intelligenz der Liebe“.
Frau Dr. Christina Kessler stellte ihren Aufsatz „Über die Jahre - Philosophischer Ausblick 2014“ dankenswerterweise zum Abdruck zur Verfügung.
2014 – Manifestation
Dieses universelle Lebenswissen liegt nun vor uns wie weites Land - unbegrenzt, unverbaut, unbefleckt, ohne den leisesten Geschmack von Ideologie, Dogmatik, Konfession, wild, ungezähmt – und möchte von uns besiedelt werden. Ein frischer Wind weht, wie eine Einladung: „Mensch, werde wesentlich. Erinnere dich daran, was Leben wirklich bedeutet, was du wirklich leben willst. Lass dich nicht einlullen und narkotisieren von Konsum und Manipulation. Wach auf und geh deinen Weg. Mach deine Berufung zu Deinem Beruf. Verwirkliche Deine inneren Träume von Geborgenheit, Gemeinschaft, Wertschätzung, Respekt und Vertrauen. Von einem Leben, das sich zu leben lohnt und anderes Leben leben lässt. Fange damit bei dir selbst an und warte nicht, bis dir die gefüllte Gans serviert wird. Sei mutig und horche auf Dein Herz. Denke wild, gib Intuition und Kreativität einen Platz in deinem Leben. Erlaube dir zu fühlen, mitzufühlen. Liebe. Ja, trau Dich endlich wieder zu lieben, dich selbst und andere, das Leben und die Welt. Hemmungslos. Bedingungslos. Und vor allem: Komme dir nicht mehr blöd vor, wenn du dein Herz sprechen lässt. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, heißt es im „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry.
2014 steht ganz unter dem Motto „Finde dich selbst und verändere die Welt“. Der kollektive Drang zur Manifestation ist dabei Rückenwind für die persönliche Verwirklichung. Wer im kommenden Jahr umsetzt, was er schon immer machen wollte, kann mit einem enormen Kraftschub rechnen. Alles, was in die richtige Richtung strebt, wird leichter gehen als sonst. Widerstände werden geringer werden. Dafür wird im Miteinander wie von selbst die Tendenz zu Kooperation, Zusammenhalt und Commitment – Verbindlichlichkeit aus freien Stücken – entstehen. Die Zeit der einsamen Wölfe ist vorbei. WIR sind diejenigen, auf die wir immer gewartet haben. Alphatier-Gehabe ist out, wenn WIR unsere eigene Autorität zurückgewinnen. Haie werden bald gänzlich auf soziale Anerkennung verzichten müssen.
Der neue Typ ist der Tiger – im indotibetischen Kulturkreis seit jeher Symbol für Lebensmeisterschaft, Weisheit, Selbstverwirklichung, Zivilcourage und soziales Engagement. „Ich, der Weise, bin der Tiger unter den Menschen“ heißt es bei Milarepa, dem großen literarischen Helden des Alten Tibet. Gelebte Weisheit wird 2014 IN sein. Denn Weisheit bedeutet: Einblick in die unsichtbare Zusammenhänge der Wirklichkeit und daraus folgende außerordentliche Handlungskompetenz. Gelebte Herzensqualitäten werden die Weichen für eine neue Wirklichkeit stellen, weil sie uns andere, klügere, bessere, schönere und liebenswertere Entscheidungen treffen lassen.
„Wir sind der Wandel, den wir in dieser Welt erleben wollen“ Wie oft wurde dieser Satz von Mahatma Gandhi bereits zitiert! Jetzt ist es soweit, dass wir ihn endlich begreifen.
Weitere Informationen:
www.christinakessler.com
Titelbild und Foto im Text: Christina Kessler. Foto: Renato Gerussi