Lesesonntag: Gut jeder vierte Einwohner Deutschlands hat eine ausgeprägte Vorliebe für Gerichte aus anderen Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt eine bevölkerungsrepräsentative Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH).
Innerhalb der Liebhaber fremdländischer Speisen kann man noch einmal zwei Teilgruppen unterscheiden, die „Authentischen“ und die „Genießer“. Während die Authentischen großen Wert auf Originalzutaten legen, sind die Genießer eher bereit, bei den verwendeten Zutaten auch mal Kompromisse zu machen und ähnliche, leichter zu beschaffende Produkte für die Zubereitung der Speisen zu verwenden. Beide Gruppen haben gemeinsam, dass ihnen sowohl der Genuss der Speisen als auch das Essen mit Freunden oder Familie überdurchschnittlich wichtig sind. Außerdem sind die Liebhaber ausländischer Gerichte, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, in hohem Maße offen für neue Gerichte und aufgeschlossen gegenüber exotischen Zutaten aus anderen Kulturen.
Die Mehrheit der Bevölkerung, die sog. "Indifferenten", steht internationalen Küchen durchaus aufgeschlossen gegenüber, ihre Vorliebe ist jedoch weniger ausgeprägt, als bei den Authentischen und den Genießern. Insgesamt zeigt sich die große Mehrheit der Bevölkerung, das sind 82 Prozent der internationalen Küche gegenüber offen. Lediglich 18 Prozent mögen nur heimische Speisen.
Die Vorliebe für die internationale Küche ist bei Verbrauchern deutlich unterschiedlich ausgeprägt. Frauen, Unter-30-Jährige, Personen mit höherer Schulbildung, mit hohem Haushaltseinkommen und mit einer hohen Ausgabebereitschaft für Lebensmittel essen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich häufig gerne ausländische Gerichte.
Bella Italia: Pizza, Pasta und Co. am beliebtesten
Im Hinblick auf die verschiedenen Landesküchen äußert die Bevölkerung in Deutschland sehr klare Vorlieben. Mit Abstand am beliebtesten ist die italienische Küche. Rund drei Viertel der Bevölkerung mögen Pizza, Pasta und Co.
Für 39 Prozent ist sie sogar die ausländische Lieblingsküche. Italienisch wird zu Hause bei jedem Zweiten häufig und bei jedem Vierten gelegentlich mal gegessen. Nur bei einem von zehn Deutschen wird sie selten serviert. Jeweils rund gut die Hälfte der Bevölkerung mag die griechische beziehungsweise die chinesische Küche, jeweils ein gutes Drittel die spanische beziehungsweise die türkische Küche. Daneben trifft ein breites Spektrum von Landesküchen den Geschmack von relevanten Teilen der Bevölkerung: von der französischen Küche über die Balkanküche, die mexikanische Küche, asiatische und osteuropäische Küchen, die US-amerikanische und die arabische Küche.
Treiber: Guter Geschmack, Geselligkeit und Urlaub
Mit ihrer jeweiligen ausländischen Lieblingsküche verbinden die Deutschen vor allem eines: Sie schmeckt ihnen gut. Drei Viertel der Personen, die nicht ausschließlich heimische Speisen mögen, denken bei ihrer Lieblingsküche vor allem an guten Geschmack. Die besondere Bedeutung der Dimension Geschmack kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass 49 Prozent mit ihrer internationalen Lieblingsküche einen besonderen Genuss und 42 Prozent nicht alltägliche Geschmackserlebnisse verbinden. Jeder Zweite denkt im Zusammenhang mit seinen ausländischen Lieblingsspeisen aber auch an Geselligkeit, d.h. das Essen in großer Runde, zum Beispiel mit guten Freunden oder der Familie. 47 Prozent verbinden mit ihrer Lieblingsküche Erinnerungen an Urlaubsreisen.
Grafik: Bundesrepubik Deutschland Bevölkerung ab 16 Jahre. Quelle: Allensbacherarchiv IfD-Umfrage 11042. © IfD-Allensbach
Hemmnisse: hoher Aufwand, fehlende Rezepte, mangelnde Erfahrung
Fragt man die Bevölkerung, warum Gerichte aus bestimmten Landesküchen nicht häufiger zu Hause auf den Tisch kommen, stehen dem vor allem der als zu groß empfundene Aufwand (48 Prozent) beziehungsweise die fehlende Erfahrung für die Zubereitung solcher Gerichte entgegen (45 Prozent). Als weitere starke Hemmnisse werden fehlende Rezepte (40 Prozent) oder nur schwer beziehungsweise gar nicht zu bekommende Zutaten genannt (37 Prozent). Und knapp ein Drittel derjenigen, die eigentlich gerne häufiger mal Gerichte aus bestimmten ausländischen Küchen essen würden, tun dies nicht, weil es die Kinder beziehungsweise der Ehe- oder Lebenspartner nicht mögen.
Frische Produkte sind wichtig, Originalzutaten weniger
Für Personen, die zumindest gelegentlich selbst ausländische Gerichte kochen, spielen frische Zutaten eine wichtige Rolle. 46 Prozent achten darauf, so viele frische Zutaten wie möglich zu verwenden, für 34 Prozent kommt es ganz auf das Gericht an. Lediglich 15 Prozent greifen generell gern auch zu vorgefertigten Produkten. Weniger wichtig als frische Zutaten sind Originalzutaten. Leidglich gut ein Drittel legt bei ausländischen Gerichten großen Wert darauf, genau die Zutaten zu verwenden, die im Rezept stehen. Gut die Hälfte zeigt sich in dieser Frage pragmatisch. Wenn sie preiswerter und einfacher zu bekommen sind, können Originalzutaten auch durch ähnliche Produkte ersetzt werden.
Große Auswahl im Supermarkt gewünscht
Obwohl sich nur 27 Prozent der Deutschen als ausdrückliche Liebhaber ausländischer Gerichte bezeichnen, ist das Interesse an einem entsprechenden Angebot im deutschen Lebensmittelhandel deutlich größer. So wünschen sich 37 Prozent der Bevölkerung eine große Auswahl internationaler Lebensmittel aus verschiedenen Ländern.
Dieser Wunsch hat eine ähnliche hohe Bedeutung wie eine große Auswahl fair gehandelter Produkte (40 Prozent) oder bekannter Marken (38 Prozent). Und sogar gut jeder zweite Konsument bekundet Interesse an Aktionswochen, in denen besondere Zutaten und Produkte aus bestimmten Ländern und Regionen angeboten werden. Daneben interessiert sich ein Drittel für Pakete, bei denen alle Zutaten für bestimmte Gerichte zusammengestellt sind und ein Viertel der Konsumenten für Kochvorführungen im Supermarkt. Solche Angebote haben damit das Potenzial, den Verzehr ausländischer Gerichte zu erhöhen. Dabei könnten auch Rezeptautomaten im Markt helfen, für die sich 19 Prozent der Konsumenten ausdrücklich interessieren.
Onlinehandel hat Potenzial
Das Internet spielt als Einkaufskanal für internationale Spezialitäten oder besondere Zutaten derzeit noch eine untergeordnete Rolle. So nutzen aktuell nur sieben Prozent der Bevölkerung das Word Wide Web für diesen Zweck Für immerhin zwölf Prozent käme das aber künftig in Frage. Und in der besonders internetaffinen jungen Generation ist das Potential noch deutlich größer: Von den 16- bis 29-Jährigen wäre für jeden vierten der Onlinekauf internationaler Produkte in Zukunft eine Alternative.
Grafik: Zum Teil deutlich unterschiedliche Präferenzen in Ost und West. Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). Quelle: Allensbacherarchiv IfD-Umfrage 11042. © IfD-Allensbach
Ostdeutsche orientieren sich eher nach Osten
Betrachtet man die geografische Verteilung der Personen, die gern Gerichte aus anderen Ländern essen, zeigen sich auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung deutlich messbare Unterschiede. So ist eine ausgeprägte Vorliebe für internationale Küchen in den ostdeutschen Bundesländern deutlich weniger verbreitet als im Westen (20 Prozent im Vergleich zu 29 Prozent). Außerdem ist der Anteil derer, die ausschließlich heimische Speisen mögen, mit 25 Prozent im Osten deutlich höher als im Westen (16 Prozent).
Auch beim Blick auf die ausländischen Lieblingsküchen in West und Ost, wird deutlich, wie die jahrzehntelange Teilung Deutschlands bis heute nachwirkt. Insbesondere die spanische Küche und die Balkanküche finden im Westen deutlich verbreiteter Anklang als im Osten.
Auch die italienische und die türkische Küche sind in den alten Bundesländern beliebter. Dagegen ist die Anhängerschaft der osteuropäischen, der vietnamesischen und der russischen Küche im Osten deutlich größer.
Die Umfrage ist bevölkerungsrepräsentativ und wurde im August 2015 bei 1.402 Personen ab 16 Jahren durchgeführt.
Quelle: Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH)
Weitere Informationen:
www.bvlh.net
Titelbild: Basistypologie. Grafik: Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). Quelle: Allensbacherarchiv IfD-Umfrage 11042. © IfD-Allensbach