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Nationale Verzehrsstudie: Umdenken beim Essverhalten ist nötig

11.04.2008

Die Zahlen sind alarmierend: Jeder fünfte Deutsche ist adipös (fettsüchtig), mehr als die Hälfte der Frauen sind übergewichtig, rund 66 Prozent der Männer haben ebenfalls zu hohe Fettpolster. Die Ursachen sind schon länger bekannt: mangelnde Bewegung und damit geringerer Energieverbrauch, verändertes Ernährungsverhalten und veränderte Esskultur. Neben Übergewicht nehmen auch Essstörungen wie Magersucht und Bulemie vor allem bei jungen Frauen zu. Rund zehn Prozent aller befragten Mädchen unter 18 Jahren sind untergewichtig. Nicht nur führende Ernährungswissenschaftler, sondern auch zunehmend Politiker weisen darauf hin und fordern einen ganzheitlichen Lösungsansatz im Kampf gegen die Fehlernährung der Deutschen.

Einer der wichtigsten Voraussetzungen für einen gesünderen Lebensstil ist das Wissen über unsere Nahrungsmittel, ihre Zubereitung, ihre Wirkungsweise und das Achten auf eine ausgewogene Energiebilanz. Daran fehlt es leider nicht nur bei den Kindern, die immer dicker werden und oft schon wegen ihrer falschen Ernährungsweise eine so genannte "Altersdiabetes" entwickeln. Auch Erwachsene haben heute ein ungenügendes Ernährungswissen. Aus der Verzehrsstudie geht auch hervor, dass es oft am Stand der Bildung liegt, wenn Menschen sich falsch ernähren. Hand in Hand damit geht eine Veränderung der Esskultur, das heißt regelmäßige Familienmahlzeiten werden nicht mehr gepflegt, gefrühstückt wird im Vorübergehen oder gar nicht, Kinder kommen ohne gesundes Pausenfrühstück zur Schule und stillen ihren Hunger mit Fastfood-Mahlzeiten oder Süßigkeiten. In vielen Haushalten wird kaum mehr gekocht, sondern schnell ein Fertiggericht erwärmt, das jeder zu einer anderen Essenszeit einnimmt. Auch aus diesem Grund ist das warme Essen in Schulen, Kindertagesstätten oder Betriebskantinen so wichtig.

Dass das Ernährungswissen hierzulande vielfach nicht zufriedenstellend ist, liegt auch an den teilweise mangelhaften Produktinformationen bei verpackten Lebensmitteln. Neben der Förderung von mehr Bewegung im Alltag bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist eine übersichtliche, gut verständliche Lebensmittelkennzeichnung deshalb Hauptansatzpunkt für diese Problematik.
In anderen Ländern, wie zum Beispiel England, haben Lebensmittelhersteller die so genannte Ampelkennzeichnung ihrer Produkte eingeführt. Grün steht für gesunde und damit unbedenkliche, gelb für weniger gesundheitsfördernde und rot für bedenkliche Inhaltsstoffe, die die Entstehung von Übergewicht und ernährungsabhängigen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes fördern können. Doch diese Kennzeichnung ist oft irreführend und damit schlecht einzuordnen.

Deshalb verzichten inzwischen wieder viele Anbieter auf die "Ampel". Dies hat auch die EU-Kommission für Ernährung erkannt und distanziert sich heute mit ihren Vorschlägen zur Nährwertkennzeichnung von einer verpflichtenden Ampelkennzeichnung. Das Bundesernährungsministerium schlägt vor, in den nächsten drei Jahren flächendeckend nur die zentralen Informationen auf der Packungsvorderseite anzugeben. Wichtig ist ein einheitliches System mit leicht verständlichen Angaben, auf das sich die Hersteller einigen müssen. Diese alle "unter einen Hut" zu bringen, dürfte allerdings schwierig sein und noch einige Zeit erfordern.

Statt der "Inflation" an Kochsendungen und einer teilweise irreführenden Werbung im Fernsehen sollten in Zukunft durch Informationskampagnen im Bereich der Ernährung und die Förderung des Ernährungswissens in Schulen und Kindergärten Abhilfe geschaffen werden. Dafür gibt es einen Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Vorbeugung von Fehlernährung, Bewegungsmangel, Über- und Untergewicht und den damit zusammenhängenden Erkrankungen. Gesunde Ernährung in der Schul- und Kindergarten-Verpflegung, Kochunterricht an Schulen sind ein Weg dazu, aber auch die Änderung des Essverhaltens in der Familie.
brä